Donnerstag, 14. August 2014

DER DONNER DER AURORA

Freitag, 1. August 2014


DER DONNER DER AURORA


Einar Schlereth
Noch ist der Donner der Aurora nicht verhallt
als in Gdansk und unter'm Hradschin
Qualm und Rauch  das rosa Antlitz 
der Eos, zornrot, tränenrot in Dunkel hüllt.
Schon breitet winterliche Kälte der Palast
neuerlich, wo der Proleten
Macht ganz kürzlich noch in Werken
der Menschen Hoffnung erstmals genial gefasst.
Doch mächt'ger Wind erhebt sich fern im Osten. Rot
peitscht er frei den Himmel. Feuer-
zungen an dem Ungeheuer
gefräßig zehren. Welten sind nicht mehr im Lot.
Schon hat auf roten Fetzen Tuch sich festgekrallt 
- Eos Trauer - die Zikade,
zirpt die Internationale,
die drohend jetzt den Mächt'gen in den Ohren schallt.
Noch ist der Donner der Aurora nicht verhallt.

Hamburg, den 18. Dezember 1971
Am Abend des 25. Oktober 1917 gab ein Schuss des Panzerkreuzers Aurora das Signal zum Sturm auf den Winterpalast des Zaren, die letzte Festung der Provisorischen Regierung  in Petrograd, dem späteren Leningrad.
Aurora ist der lateinische Name der griechischen Göttin der Morgenröte, Eos, Schwester des Helios und der Selene. Sie liebte Tithonos, für den sie von Zeus die Unsterblichkeit erbittet, wobei sie aber vergisst, auch um ewige Jugend zu bitten; sie selbst verwandelt den gealterten Tithonos in eine Zikade.
Maos allgemeiner Satz, der Ostwind besiegt den Westwind, hat sich nach dem Verrat an Lenins Revolution  im besonderen bewahrheitet. 
Die Aufstände in Danzig und Prag wurden teilweise unter roten Fahnen geführt. 
Vor 43 Jahren schrieb ich an meinem Geburtstag dieses Gedicht, als ich noch jung und voller Hoffnung war.  Nun frage ich mit Villon: "Wo ist der Schnee vom vorigen Jahr?"





Samstag, 26. Juli 2014


30 JAHRE DANACH

30 JAHRE DANACH
Einar Schlereth
Kalt war der Winter jenseits der Weichsel
steinhart der Boden, gesprengt die Brücken
im Jahr '45 im Januar.
Glänzend im Dunkel lag dünn die Decke 
aus Eis und Stroh auf dem breiten Strome
im Jahr '45 im Januar.
Geschütze donnernd von ferne drohten
Menschen, die finster in Scharen flohen
im Jahr '45 im Januar.
Versteckt die Sterne. Angst auf den Stirnen
setzt alles über zum anderen Ufer
im Jahr '45 im Januar.
Doch niemand sprach uns Kindern von der Schuld.
Die war so groß, dass man die Heimat gab
im Jahr '45 im Januar.

In der Nacht vom 31. Dezember 1944 auf den 1. Januar 1945
traten wir die Flucht an, die erst im Oktober in Bischofsheim v. d. Rhön, das zu Bayern gehört, enden sollte.
30 Jahre später schrieb ich am 25. 12. 74 in Hamburg dieses Gedicht. 
Auch als Zeugnis, dass wir keine Vertriebenen waren, sondern höchst 
freiwillig - abgesehen von uns Kindern - geflohen sind.

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